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Netzstabilität: eine Frage der Intelligenz

Wenn wir eine umweltverträgliche, wirtschaftliche und somit sichere Zukunft wollen, müssen wir den Klimawandel stoppen. Darüber herrscht in Deutschland und weiten Teilen der Welt Einigkeit. So hat sich die EU dazu verpflichtet, bis 2030 mindestens 40 Prozent weniger Treibhausgase auszustoßen als noch 1990. Hierzulande möchte man die 40-Prozent-Marke bis 2020 erreichen.

Gelingen soll das insbesondere durch die Energiewende – den Umstieg von fossilen Brennstoffen und Atomenergie auf erneuerbare Energien. So richtig, notwendig und alternativlos dieser Schritt ist, in puncto Netzstabilität und Versorgungssicherheit bringt er Herausforderungen mit sich. Welche das sind und wie wir ihnen auf smarte Weise begegnen können, will ich in diesem Beitrag umreißen.

Vor der Energiewende floss der Strom nur in eine Richtung: vom Kraftwerk zum Kunden. Heute beziehen die Netze den Strom vermehrt aus dezentralen Quellen. Beispielsweise aus Windkraft- oder Photovoltaikanlagen. Es liegt in der Natur der Dinge, dass sich die Planbarkeit dadurch erschwert. Bei Flaute oder bedecktem Himmel herrscht ein Stromdefizit, das die konventionellen Kraftwerke ausgleichen müssen. Bei viel Wind und Sonnenschein entsteht ein Energieüberschuss, der die Netze bereits heute teilweise bis an die Grenzen belastet. Der zu viel produzierte Strom muss auf dem europäischen Markt verhandelt werden, was teilweise sehr hohe Kosten, insbesondere für den deutschen Strommarkt, nach sich zieht. Dieses Ungleichgewicht lässt die Spannung im Netz schwanken, Störungen und Ausfälle drohen.

Smart Building: Was bedeutet das eigentlich?

Um solche Lücken zu verhindern und die Energiewende gleichermaßen stabil wie bezahlbar zu gestalten, müssen Gewerbe- und Privatgebäude multidirektional in das Stromnetz eingebunden werden. Die Umsetzung ist in erster Linie eine Frage der Intelligenz: Es werden intelligente Gebäude (Smart Buildings), intelligente Netze (Smart Grids) und intelligente Zähler (Smart Meter) benötigt. Wenn ich von einem intelligenten Gebäude spreche, meine ich mehr als eine internetfähige Glühbirne oder eine Waschmaschine mit WLAN. Ich meine ein Gebäude, in dem es praktisch keine Insellösungen mehr gibt, sondern alle Gewerke bestmöglich intelligent miteinander vernetzt sind. Sämtliche Verbraucher (wie Heizung, Kühlung, Mobilität oder Licht), Erzeuger (wie Blockheizkraftwerk oder Photovoltaikanlage) und komfort- sowie sicherheitsrelevante Funktionen (wie Multimedia oder Alarmanlage) werden dabei in einer zentralen Benutzeroberfläche gebündelt und lassen sich bedarfsgerecht steuern.

Wie können wir Netzstabilität schaffen?

Im Zusammenspiel mit Smart Grids (einem Hybrid aus intelligentem Strom- und Datennetz) und Smart Metern (intelligenten Stromzählern, die den Stromverbrauch im Gebäude in 15-minütigen Zeitintervallen messen) ermöglichen Smart Buildings ein modernes Verbrauchsmanagement, das nachhaltig für Netzstabilität sorgt. Liegt ein Stromdefizit vor, regelt die Software geeignete Verbraucher, zum Beispiel die Wärmepumpe oder nicht unmittelbar benötigte E-Mobilitätsladevorgänge, ab. Zeitgleich speisen erneuerbare Energieanlagen, zum Beispiel Photovoltaikanlagen, und Speicher überschüssige Energie in das Netz ein, ohne dass es dabei zu Komforteinbußen im Gebäude kommt – der Nutzer kriegt von alldem nichts mit. Im umgekehrten Fall, wenn zu viel Strom im Netz ist, sind intelligente Gebäude in der Lage, Netzlast abzunehmen. Die Software schraubt dann die Photovoltaik-Eigenerzeugung zurück, aktiviert Verbraucher, schickt Netzstrom in den Batteriespeicher und regelt das Laden des Elektroautos oder der Wärmepumpe, die den Wasserspeicher aufheizt.

Geld sparen durch cleveren Verbrauch

Auch unter monetären Gesichtspunkten ergeben sich interessante Anwendungsszenarien. Wärmepumpen können netzdienlich, im Sinne von: netzstabilisierend, und so besonders günstig betrieben werden. Waschmaschine und Trockner lassen sich automatisch dann starten, wenn die hauseigene Photovoltaikanlage genug Energie erzeugt hat oder Überschussstrom aus dem Netz kostengünstig zur Verfügung steht.

Die Frage nach dem Datenschutz

Bei allen Vorteilen, die intelligente Gebäudetechnik bietet, stellt sich immer auch die – berechtigte – Frage nach dem Datenschutz. Und zwar in doppelter Hinsicht. Einerseits, weil Smart Meter Verbrauchsprofile messen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat hier jedoch einen Entwurf zum Schutz der Verbraucher erarbeitet, der klare Grenzen setzt: Die Übertragung von Nutzerdaten an den Netzbetreiber ist untersagt. Andererseits sind smarte Haushaltsgeräte im Gegensatz zu ihren analogen Vorgängern auch mögliche Einfallstore für Cyberkriminelle. Zumindest dann, wenn sie nicht ausreichend geschützt sind. Für die Realisierung umfassender und passgenauer Schutzmaßnahmen ist es ratsam, von Anfang an IT-Fachleute mit Erfahrung im Smart-Building-Bereich ins Boot zu holen. Welche Maßnahmen meines Erachtens zu den Grundpfeilern eines soliden Sicherheitskonzepts zählen, erklärt Smart Building-Experte Benjamin Jobst bald an anderer Stelle in diesem Blog.

Der (ernüchternde) Stand der Dinge

Zusammengefasst: Durch die multidirektionale Einbindung von intelligenten Gebäuden in das Stromnetz lässt sich die Energiewende stabil und wirtschaftlich sinnvoll umsetzen. Den Nutzern bieten sich dabei ein Mehr an Komfort und die Möglichkeit, Energie und Kosten zu sparen. Und mit einer Gesetzgebung, die den Verbraucher schützt, sowie einem umfassenden IT-Sicherheitskonzept ist das Ganze auch datenschutzrechtlich unbedenklich.

Bleibt die Frage, wann die Kombination aus Smart Building, Smart Grid und Smart Meter flächendeckend zur Verfügung steht? In der Gebäudetechnik sind die entsprechenden Lösungen sowohl im gewerblichen als auch im privaten Bereich bereits heute vorhanden. Woran es momentan mangelt, sind flexible Stromtarife und Geschäftsmodelle, die auch Anreize dafür schaffen, dass Nutzer bei Überschuss Strom aus den Netzen abnehmen. Hier braucht es gesetzliche Rahmenbedingungen, die es den Energieversorgern und Netzbetreibern ermöglichen, aktiv zu werden. Handlungsbedarf besteht zudem bei den Smart Metern.

Bereits für 2017 hatte die Bundesregierung geplant, unter anderem Industriekunden oder Haushalte, die jährlich mehr als 10.000 Kilowattstunden verbrauchen (zum Vergleich: ein Drei-Personen¬-Haushalt verbraucht durchschnittlich 3.600 Kilowattstunden, ohne Heiz- und Kühlenergie), zum Einbau von intelligenten Stromzählern zu verpflichten. Wegen fehlender Gateway-Zertifizierungen verschob sich jedoch bereits die erste Installationswelle – ein Vorgang, der deutlich macht, wie dringend der Gesetzgeber einheitliche Smart-Meter-Standards etablieren muss.

Warum nicht wie in Schweden?

Wie das funktionieren kann, zeigt uns der Blick nach Schweden: Dort wurde bereits 2006 mit der Umrüstung begonnen, heute sind eine Vielzahl der Haushalte mit einem intelligenten Stromzähler ausgestattet.

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