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Wie Klimaschutz wirklich gelingt

Nasse, warme Winter. Heiße, trockene Sommer. Schwindende Gletscher. Steigende Meere. Unsere Erde gibt uns deutlich zu verstehen, dass sie unseren rücksichtslosen Umgang mit ihr nicht mehr ewig tolerieren wird. Es ist nicht mehr fünf vor, sondern längst fünf nach zwölf. Doch wie reagieren wir darauf?

Ja, die Zahl der Klimakonferenzen und der Absichtserklärungen auf politischer und unternehmerischer Ebene wächst. Aber Hand aufs Herz: Die Ergebnisse der Vereinbarungen sind meist halbherzig und mutlos. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass! Man möchte das Klima schützen. Aber nur dann, wenn es nichts kostet, oder man sogar Geld damit verdienen kann.

Das beste Beispiel dafür ist die EEG Förderpolitik in Deutschland. Erneuerbare Energie Anlagen werden dann installiert, wenn es sich „lohnt“. Stimmt die Rendite, ist man gerne nachhaltig. Ansonsten „macht es keinen Sinn“.

Wirklich?!

Ich finde: Das (Über-)Leben unserer Kinder ist eine mehr als lohnende Investition! Deswegen müssen wir jetzt Verantwortung übernehmen. Verantwortung für unsere Umwelt, unser Denken und unser Handeln!

Insellösungen bringen uns nicht weiter

Bisher betrachten wir Themenfelder wie Umweltschutz, Energieerzeugung, Energieverbrauch, Lebensalltag, Mobilität oder Konsum getrennt voneinander. Wir sehen sie als einzelne Inselsysteme, nicht als ein Gesamtsystem. Folglich werden auch nur Einzelbereiche optimiert. Schauen wir uns beispielsweise den Energiesektor an: Hier geht es selten um gesamtintegratorische Maßnahmen – Stichwort: Sektorenkopplung – wie das Zusammenspiel der Sektoren Strom, Wärme/Kälte und Mobilität in der Gesamtheit. Stattdessen werden Einzelbereiche, etwa Photovoltaik-, Wind-, Biomasse- oder Wasserkraftwerke sowie Elektromobilität, optimiert und gefördert. Der Aspekt der Systemverknüpfung und dem daraus resultierenden Mehrwert bleibt jedoch außen vor. Es ist wie bei einem Orchester. Viele tolle Einzelvirtuosen, die nicht zusammenspielen, ergeben kein harmonisches Stück. Erst dann, wenn miteinander gespielt wird und die individuellen Stärken zu einem Ganzen zusammengebracht werden, entsteht ein Gesamtwerk. Dieses Bild lässt sich sehr schön auf den Energiesektor übertragen.

 

Bitte nicht falsch verstehen: Sektorinterne Maßnahmen sind in ihrem jeweiligen Bereich sicherlich sinnvoll und lobenswert. Aber: Sind sie auch effektiv was die nachhaltige Energieversorgung und somit den Schutz unseres Klimas betrifft? Ich denke nicht. Richtig effektiv wird es nur dann, wenn das jeweilige Zusammenspiel der Sektoren betrachtet und gefördert wird. Nachhaltig handeln wir dann, wenn wir unsere Umwelt übergeordnet betrachten. Hierzu ist ein systemintegratorischer Ansatz notwendig.

Klimaschutz im Gesamtzusammenhang begreifen

Was bedeutet das? Das Zusammenspiel aller Energiebereiche, das Zusammenwirken unseres Lebensalltags und der Energieoptimierung. Die optimale Nutzung von nachhaltig erzeugter Energie. Die Auswirkungen unseres täglichen Konsums auf das Ökosystem. All diese Themenfeldern sind in der Gesamtheit zu sehen. Dabei ist die IT-Intelligenz, welche vor allem für die Ausregelung von Energieflüssen genutzt werden kann, ein zentraler Baustein.

So macht es beispielsweise Sinn nicht den Bau einer erneuerbaren Energieanlage an sich zu fördern, sondern deren intelligente Integration in ein Gesamtsystem. Auch hier wieder nicht falsch verstehen: Die Notwendigkeit der Erzeugung regenerativen Stroms ist unbestritten. Aber wir müssen berücksichtigen, dass die Energiebereitstellung hier nur volatil erfolgt. So können Photovoltaikanlagen nur dann Strom erzeugen, wenn die Sonne scheint. Ebenso verhält es sich mit Windkraftanlagen, sie benötigten Wind. Biomasse und Wasserkraftwerke hingegen besitzen eine höhere Flexibilität. Dies führt dazu, dass zu bestimmten Zeiten mehr Energie erzeugt wird, als vor Ort nötig wäre. Im Zusammenspiel mit den momentan noch benötigten und daher aktuell unerlässlichen Grundlastkraftwerken (Kohle und Gas) kommt es immer wieder dazu, dass erneuerbare Energieanlagen abgeschaltet werden müssen, um ein spannungsstabiles Netz sicherzustellen.

 

Das verstehe ich allerdings nicht unter einer intelligenten Systemintegration.

Intelligent wäre beispielsweise die Kombination von erneuerbaren Energieanlagen mit Großspeicheranlagen. Auch hier wird wieder ein Mix erforderlich. Einerseits bieten einfach und schnell beladbare Batteriesysteme die Möglichkeit der Kurzzeitpufferung. Hinsichtlich der Langzeitspeicherung sind sie aber nur bedingt sinnvoll. Somit sind Power to X Speicher in Kombination, insbesondere bei Großkraftwerken, mit erneuerbaren Energie Anlagen grundsätzlich zu integrieren. Dadurch könnten flexiblere Strompreise realisiert werden. Denn auch am Strommarkt gilt der marktwirtschaftliche Grundsatz von Angebot und Nachfrage, die den Preis bestimmen.

Warum also eine stupide Einspeiseförderung statt beispielsweise Flexibilitätsboni und/oder Anschubfinanzierungen in Form von steuerlichen Anreizen?

Nur dann, wenn wir die Energie zu dem Zeitpunkt zur Verfügung stellen, wenn sie auch benötigt wird, haben wir die Grundlage für einen stabilen Wirtschaftsstandort. Eine wirklich nachhaltige Energieversorgung ist nur dann vollkommen umsetzbar, wenn sie einerseits durch die Bevölkerung akzeptiert wird und andererseits den Wirtschaftsstandort (nicht nur Deutschland) nicht gefährdet. Für die Erreichung dieses Zieles ist ein ganzheitlicher Ansatz von Energieerzeugung und Energiebereitstellung unumstößlich.

Was Sektorenkopplung wirklich ist

Intelligenz geht aber auch noch weiter. Es ist nicht nur die direkte Großspeicherung vor Ort zu berücksichtigen, sondern auch der nahezu kostenlose Mehrwert der Digitalisierung zu nutzen.

Sektorenkopplung ist viel mehr als Energie erzeugen, vor Ort zu speichern und bei Bedarf bereitzustellen. Echte intelligente Sektorenkopplung bedeutet ein Gesamtsystem zu betrachten.

Ich will dies am Beispiel eines Siedlungsquartieres erläutern.
Bei der Realisierung von Baugebieten ist in der Regel die Frage der Wärmeversorgung von zentraler Bedeutung. Meist wird diskutiert, wie die Wärme erzeugt und in die jeweiligen Gebäude und Wohnungen gebracht wird. Die zweitbeste Lösung ist hierbei gegeben, wenn eine Vielzahl individueller Einzelerzeugungen erfolgt. Das eine Gebäude nutzt eine Gastherme, das nächste eine Holz-, Pellet- oder Hackschnitzelheizung, daneben werden Wärmepumpen, sowohl Luft als auch Sole, betrieben. Jede individuelle Wärmeerzeugung mag für sich betrachtet zielführend sein. Allerdings bieten sie für eine gesamte und nachhaltig vernetzte Energieversorgung nur wenig Kopplungsmöglichkeit.

Sehr viel sinnvoller sind beispielsweise zentrale Wärmenetze. Oder genauer gesagt: sogenannte kalte Netze. In einem kalten Netz wird eine Nahwärmeversorgung mittels Erdwärme realisiert. Die Speisung des Nahwärmenetzes erfolgt aus zentralen Erdsonden- oder Kollektorfeldern. Bedeutet: Es wird die oberflächennahe Wärme aus dem Boden direkt in ein zentrales Wärmenetz, mit in der Regel null bis 15 Grad kaltem Wasser gespeist. Dieses kalte Wasser wird dezentral in den jeweiligen Gebäuden mittels Wärmepumpen erwärmt. Im Sommer kann dieses kalte Wasser auch gleichzeitig als passive Kühlung verwendet werden.

Sektorenkopplung und Smart Buildings kombinieren

Da dezentrale Wärmepumpen meist mit integrierten Wasserpufferspeichern von rund 200 bis 300 Litern ausgestattet sind, kann hiermit eine hervorragende Sektorenkoppelung realisiert werden. Insbesondere dann, wenn auch die Gebäudeautomation, das Smart Building, integriert wird. Scheint beispielsweise die Sonne und das Gebäude wird nicht genutzt, dann kann die Erwärmung oder Kühlung der Raumtemperatur durch eine automatisierte Beschattung erfolgen. Mit Photovoltaikstrom vom Dach werden die Wärmepumpen betrieben und erzeugen entweder Warmwasser für den Pufferspeicher und/oder kühlen das Gebäude mittels des Durchflusses des kalten Wassers durch die Kühlkreisläufe.

Sind im Netz weitere Verbraucher, wie beispielsweise E-Autos, so wird entsprechend des Bedarfes und der Priorisierung der erneuerbare Strom zunächst zum Laden der Autos oder der Wärmepumpe verwendet. Darüber hinaus stehen dezentrale Batteriespeicher zur Verfügung. Sollte im gesamten Netz dann noch immer überschüssige Energie vorhanden sein, dann kann diese beispielsweise mittels großen Heizstäben zur Erwärmung des Wärmenetzes verwendet werden, wodurch eine mittelfristige Speicherung von Strom in einem Wassernetz möglich ist. Darüber hinaus bieten smarte Geräteansteuerungen –Gefriertruhen, Waschmaschinen etc. – weitere einfache Speicheroptionen, ohne wirklich Geld zu kosten.

Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist vor allem dann stark, wenn man sich auf die Kernfähigkeiten einer umfassenden Digitalisierung und Ingenieurspezialisierung fokussiert.

 

Somit bietet die Energiewende unter Berücksichtigung intelligenter Infrastrukturen die Chance auf eine wirkliche Win-Win-Situation. Einerseits eine nachhaltige und umweltschonende Energieversorgung, andererseits neue Wirtschafts- und Arbeitsplätze im Ingenieursland Deutschland.

Einzelmaßnahmen bringen uns nicht weiter

Die klimapolitischen Herausforderungen unserer Zeit sind zu komplex sind, als dass wir sie durch Einzelmaßnahmen oder Insellösungen bewältigen können. Deswegen lege ich den Fokus meines beruflichen Handelns und meiner Blogbeiträge zwar auf mein Kernthema, die Energiepolitik, stelle dabei aber immer auch den Zusammenhang zu anderen Themenfeldern, die elementaren Einfluss auf unsere Umwelt und unser Klima haben, her.

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